Weiß und bunt, pastellfarbene Art Deco Gebäude aus vergangenen Zeiten, grelle Leuchtreklame, Bars, Restaurants und ein Nachtleben, das seinesgleichen sucht – Willkommen in Miami Beach!
Dass ich die glitzernde Strandmetropole als Start- und Endpunkt meiner Reise durch Florida wählen würde stand von Anfang an fest. Miami und insbesondere Miami Beach ist Dreh- und Spielort unzähliger Filmklassiker und obwohl die Stadt wie alle US-amerikanischen Großstädte vergleichsweise jung ist, steckt in ihr jede Menge Geschichte, die man noch heute spüren kann.
Wichtig ist zunächst einmal der Unterschied zwischen Miami und Miami Beach, das sind nämlich zwei verschiedene Städte. Miami Beach ist eine Stadt auf einer vorgelagerten Insel vor Miami, umgeben vom Atlantik und der Biscayne Bay, die von der Südspitze Miamis bis zur Höhe der ca. 87. Straße reicht. Der Art Deco District in Miami Beach ist weltberühmt und einer von zwei Orten auf der Welt, an dem überhaupt noch eine solche Dichte und große Zahl an Gebäuden im Art Deco Stil erhalten ist. Normalerweise kann ich mich für Architektur nur mittelmäßig begeistern, aber Miami Beach mit dem Art Deco District am Ocean Drive und den charakteristischen Mid Century Bauten an der Collins Avenue hat mich umgehauen. Gerade weil die Gebäude noch nicht so extrem alt sind und Miami in dieser kurzen Zeit Phasen des Aufstiegs, des Verfalls und des Wiederaufstiegs erlebt hat, kann man die Geschichte der Stadt hier deutlich sehen und fühlen.
Ich möchte dich gerne mitnehmen und ein wenig eintauchen in die (architektonische) Geschichte Miamis. In diesem Artikel zeige ich dir zunächst Miami Beach und das Art Deco Stadtviertel, in einem noch kommenden Artikel nehme ich dich dann mit in den wenig touristschen MiMo District entlang des Biscayne Boulevard und in den Wynwood Art District. Mach dich also gefasst auf jede Menge Bilder!
Ocean Drive: Zentrum des Art Deco District
Als Gründungszeitpunkt von Miami Beach ist das Jahr 1915 dokumentiert, die Stadt ist also gerade einmal gut 100 Jahre alt. Im Jahr 1915 wurde mit dem Browns Hotel (112 Ocean Drive) das erste Hotel am Ocean Drive eröffnet, in dem sich heute das Restaurant Prime 112 befindet. Der Baustil dieses Gebäudes ist noch nicht dem Art Deco Stil zuzuordnen, dieser entwickelte sich erst in den 1920er und 1930er Jahren. Miami Beach galt damals als hip und trendig und war als Urlaubsort sehr beliebt, weshalb innerhalb kurzer Zeit sehr viele Hotels gebaut wurden.
Der Art Deco Stil galt nicht als architektonische Meisterleistung, sondern war primär zweckgerichtet: Die „Augenbrauen“ über den Fenstern sollten Hitze fernhalten, denn Klimaanlagen gab es damals noch nicht. Die Gebäude waren in der Regel nicht höher als drei oder vier Stockwerke, weil man sonst Aufzüge hätte einbauen müssen, die die Baukosten in die Höhe getrieben hätten. Der häufig nautische Stil, der z.B. durch Fenster in Bullaugenform an ein Schiff erinnert, entstand dadurch, dass Miami Beach als reiner Urlaubsort angelegt wurde und die Gebäude die entsprechende Stimmung verbreiten sollten.
Das historische Art Deco Viertel in Miami Beach befindet sich in South Beach und wird eingekesselt vom Ocean Drive, der Alton Road und dem Collins Canal. Es beherbergt heute über 900 denkmalgeschützte Gebäude. Das Zentrum des Art Deco District liegt zwischen der 5. und der 15. Straße entlang des bunten Ocean Drive und den dahinterliegenden Straßen (Collins Avenue, Washington Avenue bis zur Meridian Avenue). Der Großteil der Gebäude stammt aus den 1930er und 1940er Jahren, aber auch außerhalb des historischen Districts sind viele Art Deco Gebäude überall in Miami Beach zu finden.
In den 70er und 80er Jahren schließlich war Miami Beach aufgrund der Kokainkrise sehr heruntergekommen und die teilweise stark zerfallenen Gebäude sollten neueren Bauten weichen. Durch eine engagierte Bürgerinitiative konnte das glücklicherweise verhindert werden. Noch heute befindet sich der Art Deco District in der Restaurierung, man sieht immer wieder leer stehende Häuser, die gerade wieder herausgeputzt und schick gemacht werden.
Die meisten der Gebäude werden nach wie vor als Hotels mit ihrem ursprünglichen Namen aus den 30er oder 40er Jahren genutzt. Besonders eindrucksvoll sieht das am Ocean Drive bei Nacht aus, wenn Tausende von Neonröhren die Gebäude bunt flackernd beleuchten.
Am 1116 Ocean Drive befindet sich das am zweithäufigsten fotografierte Gebäude der Welt, die Villa Casa Casuarina. Die Villa ist das ehemalige Wohnhaus von Gianni Versace, vor dessen Toren er 1997 auf offener Straße erschossen wurde. Der Baustil dieses Gebäudes ist dem Mediterranean Revival zuzuordnen, wovon es in Miami South Beach etwa 200 Stück gibt (ein Foto der Villa zu knipsen habe ich natürlich vergessen…)
Für Fans historischer Filmorte gibt es zwischen dem BEACON und dem COLONY Hotel ein Gebäude zu entdecken, das im Film Scarface aus dem Jahr 1983 eine besondere Rolle spielt: In den Sun Ray Apartments (728 Ocean Drive zwischen der 7. und 8. Straße) spielt die berühmte Kettensägenszene (die vollständig nur im Director’s Cut zu sehen ist). Das Gebäude wird derzeit entkernt und renoviert, die Originalfassade soll glücklicherweise erhalten bleiben. Ich kann dir gar nicht sagen wie oft ich diesen Film gesehen habe. Die Szene in den Sun Ray Apartments ist eine der Schlüsselszenen und einmal selbst vor diesem Gebäude zu stehen, die Filmszenen vor dem inneren Auge ablaufen zu lassen – das war schwer beeindruckend (jaaa…nerdy, ich weiß 😉 ).
Gerade für Miamis jüngere Geschichte war der Film Scarface ein Meilenstein: Miami erstickte seit Ende der 1970er Jahre regelrecht im Kokain und der Verfall der Stadt war nicht aufzuhalten. In den 1980er Jahren erlebte Miami als Cocaine Capital seinen negativen Höhepunkt. Scarface (1983) überträgt eine Gangstergeschichte aus den 1930er Jahren an den realen Kokain-Schauplatz Miami und begründet damit eine neue Ära von Gangsterfilmen: Bisher dominierte an urbanen Schauplätzen der sogenannte Film Noir bzw. in späteren Gangsterfilmen noch einzelne Elemente des Film Noir. Scarface ist anders – Miami wird laut, hart und bunt dargestellt. Diese realistische und bunte Darstellung des Miami der 1980er Jahre war wegweisend für den späteren filmischen Aufstieg von Miami und Miami Beach beispielsweise durch die Serie Miami Vice.
Mid Century Film Noir auf der Collins Avenue
Wer Miami Beach gerne etwas ruhiger und weniger bunt als am Ocean Drive erleben möchte, der sollte einen Abstecher auf die Collins Avenue einplanen. Auf dem Abschnitt zwischen der 5. und 15. Straße parallel zum Ocean Drive geht es auf der Collins Avenue zwar auch noch relativ bunt zu und auch hier sind einige Klassiker des Art Deco wie zum Beispiel das SAGAMORE Hotel zu finden.
Ich musste mich bei all dem Art Deco Overkill übrigens immer wieder beherrschen, mich beim Fotografieren nicht zu sehr in den Details zu verlieren, sondern auch einmal ganze Straßenzüge zu knipsen. Hat leider nicht ganz so gut funktioniert…
Je weiter nördlich man der Collins Avenue folgt, desto ruhiger wird die Szenerie: Weiße Leuchtreklame, schwarz-weiß-Film-Noir und grüne Palmen anstatt bunte Farben dominieren das Straßenbild. Die Gebäude in Miami Mid Beach stammen überwiegend aus den späten 1940er bis 1960er Jahren. Die typischen Art Deco „Augenbrauen“ verschwinden (Klimaanlagen wurden inzwischen erfunden) und die Gebäude wurden nun höher und luxuriöser gebaut, um noch mehr Urlauber beherbergen zu können. In den 1950er in 1960er Jahren erlebt Miami Beach seinen Höhepunkt als Urlaubsziel für die Schönen und Reichen.
Einige der berühmtesten und größten Hotels des Mid Century in Miami Beach sind das EDEN ROC, das DELANO, das SHELBORNE und das FONTAINEBLEAU, das sogar als Kulturdenkmal geschützt ist.
Tipps für Miami Beach
Unternehmungen und Sightseeing
Um es an dieser Stelle kurz zu halten: Miami Beach selbst ist die Sehenswürdigkeit 😉 Lass dich einfach treiben und erkunde South Beach und den Art Deco District zu Fuß oder mit dem Rad. Falls du gerne noch mehr über die einzelnen Gebäude erfahren möchtest, dann schließ dich einer Art Deco Walking Tour der Miami Design Preservation League an (Tickets ca. 35$).
Ansonsten: Beach, Beach, Beach! Der Strand in Miami Beach ist überall öffentlich zugänglich und erstreckt sich kilometerlang über die komplette Atlantikseite der Insel. Schnappt dir ein Handtuch, Sonnencreme, einen Cocktail und beobachtet einfach das bunte Treiben.
Essen & Trinken
Miami Beach ist teuer. Der einzige Tipp, den ich für dich habe: Halte dich fern von den Restaurants am Ocean Drive. Der Ocean Drive ist das touristische Zentrum von Miami Beach und dort gibt es wie an allen Touri Hot Spots mittelmäßige Qualität zu überteuerten Preisen. Falls du dennoch einen Cocktail am Ocean Drive trinken möchtest, dann empfehle ich dir einen Mojito in Gloria Estefans Restaurant Larios on the Beach (820 Ocean Drive).
Über den 11th Street Diner (11th Street & Washington Ave.) im historischen Art Deco District sind wir zufällig gestolpert, das Gebäude ist ein echtes Highlight. Die Portionen sind üppig und die Preise in Ordnung. Falls du aus irgendwelchen Gründen noch nie bei Five Guys Burger warst, dann solltest du das in South Beach unbedingt nachholen (Five Guys, 1500 Washington Ave.).
Mein mexikanischer Taxifahrer hat mir außerdem das Manolo, eine argentinische Mini-Restaurantkette, wärmstens empfohlen (685 Washington Ave. & 7300 Collins Ave.). Ich habe es leider nicht mehr geschafft, aber beim Blick in die Auslage lief mir nicht nur einmal das Wasser im Mund zusammen.
Bedenke bei allen ausgeschriebenen Preisen, dass dies Nettopreise sind (es sei denn es ist anders in der Karte vermerkt). Das heißt, es kommt noch Steuer obendrauf und zusätzlich solltest du ca. 20% Trinkgeld einplanen.
Fortbewegung
Miami Beach und besonders South Beach sind nicht für den Autoverkehr ausgelegt. Die Bebauung erfolgte ab den 1930er Jahren als Urlaubsort, an große Autos oder Parkplätze hat damals logischerweise niemand gedacht. Je weiter nördlich man sich in Miami Beach bewegt, desto entspannter wird das Autofahren, die Parkplatzsituation ist aber überall schwierig und Parken ist extrem teuer. Ich empfehle dir daher, in Miami Beach auf ein Auto zu verzichten. Wir haben uns in Miami Beach per Uber und Miet-Fahrrad fortbewegt und unsere Fahrten clever geplant, so dass wir nicht zu viel bzw. lange fahren mussten.
Ein Fahrrad zu mieten kann ich dir absolut empfehlen, weil du dadurch extrem flexibel bist und auch längere Distanzen zurücklegen kannst. In Miami Beach gibt es überall Citi Bike Stationen.
Hotels in Miami Beach
Die Hotelpreise in Miami Beach sind je nach Reisezeit erschwinglich bis extrem teuer. Grundsätzlich ist ein Hotel in South Beach zu empfehlen, um mitten im Geschehen zu sein. Wenn du in einem der historischen Hotels wohnen möchtest, dann geht das z.B. im Beacon, im Colony, im Pelican, im Carlyle, im Starlite oder im Avalon)*.
Falls du es etwas ruhiger magst, dann schau eher nach einem Hotel auf der Collins Avenue (z.B. das Sagamore, das Eden Roc, das Delano, das Croydon, das Tides, das Carillon, das Fontainebleau)*. Auch dort hast du den Strand direkt vor der Haustüre und die meisten Hotels haben einen Pool und sind insgesamt luxuriöser und etwas weitläufiger als die Hotels in South Beach. Wir waren dummerweise genau zur Spring Break (März/April) in Miami und die Preise sind, egal in welchem Hotel, regelrecht explodiert.
Wir haben uns letztlich für das günstige Ocean Surf Hotel* in Miami North Beach entschieden. Das historische Art Deco Gebäude aus dem Jahr 1940 ist von außen wunderschön, von innen aber leider ziemlich heruntergekommen.
Miami North Beach ist sehr ruhig, auch der Strand ist dort sehr entspannt. Dadurch dass wir in North Beach gewohnt haben, haben wir gezwungenermaßen mit dem Fahrrad die komplette Collins Avenue bis hinunter nach South Beach abgeklappert und so wahrscheinlich jedes einzelne Mid Century und Art Deco Gebäude in ganz Miami Beach gesehen.
Im nächsten Teil der Architekturgeschichte Miamis nehme ich dich dann mit in den historischen, aber sehr untouristischen MiMo District am Biscayne Boulevard und nach Wynwood. Du darfst gespannt sein auf viele weitere bunte Bilder 🙂
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2 comments
Hallo Katrin,
Wow, ich bin begeistert! Ehrlich gesagt hat mich die Ecke der USA nie so gereizt (warum kann ich Dir gar nicht genau sagen).
Aber die Architektur ist echt der Hammer, für so etwas kann ich mich ja auch immer total begeistern.
Vielleicht sollte ich mir Miami Beach doch mal ansehen.
Danke für diesen Einblick.
Lg Miriam
Hi,
bin durch Zufall auf Deine Seite gestoßen und wollte natürlich gleich mal nachlesen, was es hier über den Ocean Drive zu lesen gibt. Uns ist er inzwischen zu schrill und zu laut, aber schön ist es trotzdem noch. Es ist bisher auch der einzige Ort, an dem wir einen komplett vergoldeten Hummer H2 gesehen haben. Zum Übernachten können wir das Hotel Oceans und das Leslie empfehlen und ja, wir haben uns auch schon mal eine Nacht im Tides gegönnt, aber wirklich nur eine….. $$$$$
Der Ocean Drive ist einfach nur geil.
LG Claudia & Dirk